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Veränderungen der Jahreszeiten im Kanton Bern über Jahrhunderte

Aktualisiert: 27. Dez. 2020


Jahreszeitenforschung hat in der Folge des Klimawandels und steigenden Bedürfnis an Impaktwissen stark an Bedeutung gewonnen. Verschiebungen der Saisonalität im Sommer wie im Winter sind in vielen Fachgebieten die implizite Grundlage für disziplinäre Analysen. Die Veränderungen der Phänologie – den jahreszeitlich auftretenden Erscheinungsformen – sind in der Pflanzenwelt und bei Tieren genauso feststellbar wie in hydrologischen Systemen, in der Anzahl Schnee- und Nebeltagen, im Auftreten von Spätfrosttagen oder anhand von klimabasierten Indices.

Landschaftseignung und Klimawandel

2020 wird das Berner Klimabeobachtungsprogramm BernClim 50 Jahre alt. Was Bruno Messerli Ende der 1960er-Jahre als Forschungsprogramm zur Erhebung von raum- und jahreszeitenrelevanten Daten für Landwirtschaftseignung, Raum- und Tourismusplanung im Kanton Bern initiiert hat, wurde ein räumlich hoch aufgelöstes, heute mit allerding nur noch wenigen Stationen lebendes Netzwerk von pflanzenphänologischen Schnee- und Nebelbeobachtungen. Dank der langen Dauer und einheitlichen Protokollen ist BernClim ein kleines, schlankes, wertvolles Beobachtungsnetz für klima- und klimaimpakt-relevante Daten. 2020 feiert auch das Nationale Beobachtungsprogramm von MeteoSchweiz das 70-jährige Bestehen.

Die Erhebung von phänologischen Beobachtungen der Natur hat eine so lange Tradition, wie es Menschen gibt. Die Nahrungssicherheit und die landwirtschaftliche Planung basiert auf zeitlich definierten Erscheinungen. Systematisch liegen Daten der letzten Jahrhunderte vor.

Zeigerpflanze Haselstrauch

Zum Beispiel zeigt die Blüte des Haselstrauchs erste Regungen der Vegetation im Winter auf, die für Forst- wie Landwirtschaft wichtig sind (siehe Abbildung). Im Kanton Bern liegen aus verschiedenen Netzwerken Beobachtungen vor. Vom Oberland bis in den Berner Jura dokumentierten Förster an 30 Stationen im 19. Jahrhundert die Entwicklung im Wald und an teils stark exponierten Standorten. Im Durchschnitt blühte die Hasel in den 1870er-Jahren von Mitte Februar bis Ende März, an einzelnen Stationen auch erst nach Mitte April. Die Resultate zeigen deutlich, dass die Standortauswahl einen grossen Einfluss hat und zu einer hohen Variabilität führt. Die grösste räumliche Information ist für das 20. Jahrhundert greifbar. Die grosse Stationsdichte der beiden Netzwerke BernClim und Schweizerisches Phänologisches Beobachtungsnetz (SPN) des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz ermöglicht differenzierte Aussagen auch zu Höhenunterschieden. Dominante rötliche Farben zeigen das mittlere Blühdatum Ende März mit früheren Daten am Juranordfuss, am Genfersee und im Tessin. Zusätzlich fliessen heute Daten aus Citizen Science-Projekten PhaenoNet und OpenNature ein. Das Blühdatum hat sich mit gelb-grünen Schattierungen um einen knappen Monat auf Anfang März vorverschoben.


Daten der Haselblüte von phänologischen Beobachtungsnetzen der Schweiz im 19. Jahrhundert (Forstdienst Kanton Bern, oben links), im 20. Jahrhundert (BernClim, MeteoSchweiz/SPN, oben rechts) und im 21. Jahrhundert (BernClim, MeteoSchweiz/SPN, PhaenoNet, OpenNature, unten links). Tag 61 = 1. März.

Broschüre zum Jubiläum

Im Herbst 2020 erscheint die Broschüre «Klimawandel und Jahreszeiten» in deutscher und französischer Sprache. Die Feierlichkeiten im Frühling wurden infolge der Corona-Pandemie abgesagt. Die Publikation der Jubiläumsschrift soll nun spätestens zum Ende der Vegetationsperiode vorliegen und neu auch exemplarisch die Beobachtungen im Jubiläumsjahr 2020 enthalten.


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