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Workshop Ricco: Homoerotisches Begehren in der Kunst

Homoerotische Kunst in der Schweiz soll aus ihrem Schattendasein befreit werden. Im «Workshop Ricco» werden Kunstwerke aus Schweizer Privat- und Museumsbesitz sowie im öffentlichen Raum, die schwules Begehren hervorrufen, elektronisch erfasst. Die Sebastiana-Stiftung übernimmt die Kosten für die MuseumPlus-Bilddatenbank. Die Zusammenführung von Kunstwerken dient als Basis für eine Publikation. Angedacht ist, die Bilddatenbank später dauerhaft, nach Klärung von Copyright-Fragen, der Öffentlich­keit zugänglich zu machen, begleitet von einer Kunst­aus­stellung.


Salomon Gessner (1730–1788). Der Adler stürzt sich auf Ganymed, 1769–1771. Radierung. Privatbesitz.

Die homoerotischen Seiten von Gessners Idyllen wurden bislang kaum erforscht.



René Bolliger (1911–1971). Illustrationen zu «Hombres» von Paul Verlaine, 1949. Unikat. Privatbesitz.

Bolliger, der Tom of Finland der Schweiz, ist zwar auf der sikart-Datenbank vertreten, doch aus Museen verbannt.



Ricco Wassmer (1915–1972). Grapeshot, 1964. Privatbesitz.

Durch den profunden Catalogue raisonné von Marc-Joachim Wasmer mittlerweile erforscht: der Künstler Ricco.



Auf institutio­neller wie privater Ebene existieren bereits solche Bilddaten­banken oder Alben. Hervorgehoben sei die Online Collection des Leslie-Lohman Museum of Art in New York, «Queer: Desire, Power, and Identity» des Schwedischen National­museums, «LGBT + collections» der National Museums Liverpool, auf privater Ebene verschiedene Blogs wie antonio-m.tumblr.com, hadrian6.tumblr.com, gay-sculpture.blogspot.com sowie Fotostreams auf flickr.com oder Instagram. Das Abseitsstehen der Schweiz besitzt Tradition, das «unaussprechliche Laster» wird vorzugsweise beschwiegen statt besprochen.* Dem von der Sebastiana-Stiftung geförderten Projekt kommt somit eine Pionierrolle zu. Ohne Feigenblatt und Triggerwarnung soll durch Kunst hervorgerufenes homoerotisches Begehren ins Bewusstsein gerückt werden.


*) Gabriel Katzenstein: Schwule Kunst? In der Schweiz nicht! Geht es um Homosexualität, zeichnet sich die Schweizer Kunstgeschichte durch äusserste Diskretion aus, in: NZZ, 19.9.2020, S. 41.

Gabriel Katzenstein: Griechenland am Zürichhorn. Über das Sprechen und das Schweigen der Kunstgeschichte, in: NZZ, 21.2.2015, S. 59.

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